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FB315 Das eigentliche Problem mit Social Media
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FB315 Das eigentliche Problem mit Social Media

Über ein tragisches Missverständnis

Darum geht's

  • Rambo Zambo Podcast: Diskussion über ein Verbot von Social Media für unter 16-Jährige. 🚫

  • Vorgeschobenes Argument: Ältere Generationen verstehen Social Media nicht. 🗣️

  • Wahre Probleme: Manipulation, Radikalisierung und toxische Inhalte. 🤯

  • TikTok als Beispiel: Beliebt bei jungen Leuten, aber als Propagandawaffe des chinesischen Staates. 🇨🇳

  • Algorithmus: Belohnt extreme Inhalte, was zu Hass und Radikalisierung führt. 😠

  • Meta-Plattformen: Ähnliche Dynamiken wie bei TikTok.

  • Fazit: Social Media selbst ist das Problem, nicht das fehlende Verständnis der Älteren. ⚠️


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Vollständiges Transkript

In der aktuellen Folge des Podcasts Rambo Zambo geht es um die Idee, Social Media für unter 16-Jährige zu verbieten. Ehrlich gesagt habe ich von dem Vorschlag nur am Rande mitbekommen und weiß nicht, wie ernst er wirklich ist. Man hat jedenfalls im Podcast, der wohl zur Funke-Mediengruppe gehört, ausgiebig darüber diskutiert, ob das sinnvoll ist und ob man diese Idee überhaupt verfolgen sollte.

Was ich ein bisschen schade finde, ist die relativ einseitige Sichtweise darauf, weil alles auf eine etwas eigenartige Position reduziert wird: Der Grund für so ein Verbot sei, dass ältere Leute – Eltern oder Politiker, also alle, die für ein solches Verbot sein könnten – Social Media nicht verstehen würden, es selbst nicht nutzen und den Konsum dort nicht überwachen könnten.

Das stimmt natürlich in gewisser Weise, was die sozialen Medien der etwas jüngeren Leute betrifft. Ein Medium wie TikTok ist bei den meisten über 35- oder 40-Jährigen sicherlich völlig außerhalb der eigenen Reichweite. Es ist nichts, was sie konsumieren würden, wenn sie es nicht müssen und sie schauen auch nicht so rein.

Davon abgesehen ist es aber natürlich so, dass ein soziales Medium auch deshalb so heißt, weil man sich die Inhalte, die dort stattfinden, selbst aussucht. Und man kann natürlich nicht eins zu eins checken, welchen Mist der Nachwuchs auf TikTok so konsumiert. Das geht nicht. Es ist irgendwo ein Argument. Ich sehe auch nicht, dass man das erreichen kann, jedenfalls nicht so einfach und nicht ohne massivste Regulierung. Ich weiß auch nicht, ob das dann der Weisheit letzter Schluss wäre.

Jedenfalls tut man in dieser Sendung so, als sei das irgendwie alles, worum es geht: dass ältere Leute das nicht verstehen und es eigentlich lieber mitloggen wollen, was sich der Nachwuchs da anguckt. Was ja auch legitim ist, wenn der Nachwuchs noch ein bisschen jünger ist. Also zwischen 12 und 16 macht es schon irgendwo Sinn, aber darunter ist es schon nachvollziehbar, dass man sagt: Da wüsste ich schon gerne, was mein Kind sich so anguckt, weil ich es ja dann auch gegebenenfalls mit dem Kind einordnen möchte. Das kann ich nicht, wenn ich nicht weiß, was passiert.

Der eigentliche Kern des Ganzen ist doch, dass es bei allen sozialen Medien, die einen gewissen Impact haben, um riesige Firmen geht. Sie haben eine Plattform und darüber drücken sie auch eine eigene Agenda durch, was die inhaltliche Politik betrifft. Und da liegt ein Algorithmus drüber, der bestimmte Dinge belohnt. Belohnt wird, was die Leute unheimlich aufregt. Das wiederum führt natürlich zu einer Tendenz der Radikalisierung. Das ist auch etwas, was wir ganz klar sehen.

Wer TikTok gar nicht kennt, kann den Spaß ja mal machen und die App installieren. Mit einem leeren Account soll er mal gucken, was ihm da aufgeblasen wird, wenn er den Algorithmus noch in keiner Weise gefüttert hat. Ich habe das Experiment vor circa einem halben Jahr mal gemacht. Das Ergebnis war erwartbar, also es war nicht wirklich erschreckend, weil ich damit gerechnet habe. Aber man bekommt wirklich nur irgendwelchen Hass und Müll vorgeschlagen. Circa 90 Prozent dessen, was mir angeboten wurde, war Content aus der rechtsextremen und der linksextremen Blase. Stilistisch unterscheidet sich das kaum. Es war beides wirklich absoluter Sondermüll, den ich mir freiwillig niemals angeguckt hätte. Das ist das Erste, was mir angezeigt wird, wenn der Algorithmus nichts über mich weiß, außer vielleicht, dass ich in Deutschland wohne.

Also solche Dinge kann die App natürlich von sich aus erfassen und dann werde ich darüber direkt gefüttert. Und da brauche ich nur die richtigen drei Kanäle abonnieren, dann geht es immer so weiter und es wird eigentlich immer nur schlimmer.

Jetzt muss man eben auch wissen, dass gerade TikTok, das mit Abstand beliebteste soziale Medium bei Menschen unter 30, komplett dem chinesischen Staat gehört. Ich weiß nicht, ob das physisch so ist, dass der Staat das auch aktientechnisch komplett übernommen hat, aber jedenfalls bestimmt er alles, was da passiert. Und das schließt auch den Algorithmus ein. Ausgerechnet TikTok ist in meinen Augen weniger ein soziales Medium, sondern vor allem ist es eine Propagandawaffe, die China auch nach Belieben einsetzt. Dazu gehört auch, welche Inhalte da ein bisschen mehr ausgespielt werden als andere.

Ich finde, das ist eine ganz andere Dimension als: „Ja, wir können ja dann gar nicht so richtig checken, was sich unsere Kids so reinziehen.“ Es ist völlig klar, dass TikTok der politischen Manipulation und der Indoktrinierung dient. Das ist ja, ich weiß nicht mal, ob man das ein Geheimnis nennt. Das ist eigentlich kein Geheimnis. Jeder kann das wissen. Es gehört dem chinesischen Staat. Der chinesische Staat hat eine gewisse politische Agenda, die eine antidemokratische ist. Ja, natürlich dient TikTok diesem Ziel.

TikTok ist auch eher nur so das schillerndste, das extremste Beispiel. Das ist letzten Endes bei den ganzen Meta-Plattformen wie Instagram, Facebook und auch ein Stück weit WhatsApp auch so ähnlich. Da ist sicherlich die Agenda ein bisschen weniger schlimm in dem Sinne, weil sie nur amerikanisch ist. Aber auch dort haben Inhalte, die zur Radikalisierung dienen, einen Vorteil, weil sie mehr Engagement verursachen. Und das ist fast das, was der Algorithmus die ganze Zeit belohnt.

Das heißt, auch dort finden solche Inhalte eher statt und gehen eher viral. Und dann ist eigentlich klar, wo die inhaltliche Reise hingeht und welche Inhalte die jungen Leute vornehmlich konsumieren. Die müssen sie ja nicht mal aktiv abonnieren, sondern das ist dann eben das, was da gerade gehyped wird. Und das wird einem halt auch ungefragt die ganze Zeit in den Feed gespült. So funktioniert Social Media heute. Ja, der Name ist nicht mehr wirklich so angebracht, weil es eben nicht darum geht, was meine Freunde cool finden, sondern was der Rest der Welt gerade cool findet. Und wenn das der übelste Hass ist, dann wird der übelste Hass gefördert.

Ich finde es ein bisschen schade, dass dieser Aspekt in dem Podcast so gar nicht beleuchtet wird. Feitesgehend unterhält man sich einfach nur darüber, dass anscheinend ältere Menschen Social Media nicht verstehen. Und das sei irgendwie das zentrale Problem. Nee, so ist es halt leider nicht, sondern Social Media ist an sich das Problem. Und nur weil jetzt diskutiert wird, dass es unter 16 vielleicht keiner benutzen darf: Mal im Ernst, Social Media vergiftet auch die Hirne von allen anderen. Man kann natürlich jetzt einem über 18-Jährigen schwer verbieten, Facebook zu benutzen. Angebracht wäre es aber, und zwar aus genau diesem Grund, dass ganz viele Menschen damit überhaupt nicht umgehen können. Die konsumieren da irgendwelche Inhalte und glauben sie blind. Es wird ja nicht mal gecheckt, ob das stimmt. Es wird dann lustig weitergeteilt. Und die meisten sind sich nicht mal dann nachher der Schuld bewusst, wenn man sie darauf aufmerksam macht: „Du hast da Lügen verbreitet.“ Ist ja nicht so, dass sie das deswegen irgendwie löschen oder nächstes Mal versuchen, so etwas zu verhindern. Gar nicht.

Deswegen ist diese ganze Social-Media-Geschichte ein Stück weit toxisch geworden. Deswegen muss sie hinterfragt werden. Die Gründe, die da jetzt so vorgegeben werden, von wegen man müsste ja gucken, was der Nachwuchs so konsumiert, die stimmen in gewisser Weise. Aber das Problem an Social Media ist ehrlich gesagt noch mal eine ganze Dimension größer. Und ich finde es schade, dass das da irgendwie so gar nicht beleuchtet wird.