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Transkript
Am heutigen Frühstückstisch überraschte mich ein Familienmitglied mit der Feststellung, dass der Hunger in der Welt ja noch nie so schlimm gewesen sei wie heute. Das hat bei mir den üblichen Reflex ausgelöst, dass ich gesagt habe, also das stimmt nicht.
Ich wusste es aber nicht genau. Was ich wusste ist, dass es definitiv nicht stimmen kann, weil wenn man so absolut das formuliert, dann müsste man auch ähm graue Vorzeiten mit einbeziehen. Und da muss man jetzt noch nicht mal bis ins Mittelalter zurückgehen, sondern dann sind es auch so Dinge wie unmittelbare Nachkriegszeit, wo es sicherlich in weiten Teilen der Welt, aber vor allen Dingen auch bei uns deutlich schlimmer war. Und was man bei solchen Aussagen gerne vergisst, ist, dass es eben bei uns in Europa schon lange nicht mehr einfach gar nicht mehr schlimm war, abgesehen von eben so unmittelbaren Nachkriegszeiten, aber alles abseits davon, äh da ging es vielleicht wirtschaftlich mal schlechter und dann war das vielleicht auch mal hier und da mit Hunger verbunden, aber es ist einfach kein Vergleich damit gewesen, dass einfach diese Lebensmittel überhaupt nicht gibt.
Ähm und das sind so Situationen, wie wir sie vielleicht aus von von Missernten, Zeiten der Missernte im im Mittelalter oder ähm den Jahrhunderten davor und danach so kennen. Das ist, was ich im Kopf habe, wenn jemand sagt, noch nie war es so schlimm. Äh und wenn man den Maßstab anlegt, kann man, ist es einfach keine haltbare Aussage. Natürlich denken die wenigsten in so einem Rahmen, wie ich das dann fast automatisch immer tue, ähm und meinen dann sowas wie die letzten Jahrzehnte, vielleicht ihre äh Lebensspanne, vielleicht so alles nach dem Krieg, irgendwie sowas ähm in dem Bereich, also irgendeine vorstellbare Zeitspanne meinen die damit. Und natürlich meinen sie gar nicht Europa, obwohl man ja auch sagen muss, das ist ja nicht vom Himmel gefallen, dass es hier sowas nicht gibt, sondern das ist eine technische Errungenschaft. Das ist Teil des menschlichen Fortschritts, dass wir das so nicht mehr haben.
Das einmal vorausgeschickt, ähm ist es aber dennoch so, dass der Welthunger in der Tendenz eher abnimmt. Es gibt immer mal Schwankungen, das ist so, äh das hat meistens auch ähm ja, nachvollziehbare Ursachen und diese nachvollziehbaren Ursachen sind nicht, Menschen haben, haben ähm ja, ist irgendwie nicht so der böse Westen hat da jetzt irgendwas gemacht oder getan, dass das irgendwie alles schlechter wurde. So so läuft es eben nicht. Sondern es ist dann ähm also wir haben z.B. einen einen einen Zuwachs durch Corona. Da haben wir einen Zuwachs an Welthunger.
Wir haben um das Jahr 2015 einen leichten Zuwachs gehabt. Da war es der arabische Frühling, vermute ich. Also das sind immer so Verwerfungen, die treten halt auf, die gibt es, die wird man auch nie ganz abstellen können. Ähm die relativieren sich aber, wenn man dann mal ein bisschen genauer hinguckt.
Ganz generell kann man sagen, ähm da gibt es auf auf Wikipedia eine schöne Kurve, die fängt im Jahr 2000 an, sie hört leider schon im Jahr 2015 auf, aber ich habe noch eine andere Kurve gefunden, die ein bisschen weitergeht. Dieser Kurve allerdings entnehmen wir, dass wir um das Jahr 2003 rum ähm sowas wie einen Höchststand, zumindest in dieser ähm Zeitdauer hatten. Und da lag der Welthunger bei sowas wie äh bei sowas wie 950 Millionen Menschen, die gehungert haben. Das sind absolute Zahlen. Der, wenn man das jetzt in Prozent äh an der Weltbevölkerung umrechnet, dann lagen wir da so bei knapp 15 % der Menschen. Das finde ich viel.
Äh das ist, das ist tatsächlich ähm schockierend viel. Ich kann mich aber nicht entsinnen, dass wir damals äh alle so, also dass das irgendwie ein riesen Thema war und dass wir damals alle so der Meinung waren, so schlimm war es ja noch nie. Also, weil da das was jetzt heute so die äh Aussage ist, wovon der ich auch nicht davon ausgehe, dass sie sich jedes Familienmitglied jetzt so ausgedacht hat, sondern das muss irgendwo im Fernsehen eine Rolle gespielt haben und dann kriegt man das so erzählt und dann äh gibt man es so einfach so wieder.
Es entspricht aber einfach nicht nicht der Realität. Denn was man äh was man sagen muss ist, wir haben im Kopf, 2003 lagen wir in absoluten Zahlen bei so ca. 950 Millionen. Und ausweislich einer äh Statistik von Aktion Deutschland Hilft, da gehen die Zahlen bis 2023. Da sind wir bei sowas wie 730 Millionen. Das ist eine positive Entwicklung. Und wir waren auch schon mal bei äh so 530 Millionen. Das war so 2017 rum. Also das heißt, wir haben auch relativ in relativ kurzen Zeitabschnitten auch mal ähm deutlichere Schwankungen. Wir haben jetzt seit 2020 einen deutlichen Anstieg in den in den absoluten Zahlen, der im Allgemeinen, so kann man es diversen Berichten entnehmen, mit Corona begründet wird, was man nachvollziehen kann, weil sowas wie eine Pandemie äh sorgt natürlich immer für gewisse Verwerfungen, dass sich das jetzt so auf den Welthunger auswirkt, darauf hätte ich jetzt nicht unbedingt gewettet. Aber es ist so und äh ja, gut, man kann sich das vorstellen. Klar, warum nicht?
Das ist aber nur die absolute Entwicklung. In relativen Zahlen, also in den Prozentzahlen, sehen wir auch, dass es sich ein bisschen äh in eine Zunahme bewegt hat, aber auch da haben wir, haben wir noch im Kopf, dass wir bei knapp 15 % lagen vor gut 20 Jahren. Und da hatten wir im Jahr 2019 einen einen äh fast den den tiefsten Stand von so knapp 8 %, äh was ja fast eine Halbierung ist und wir waren auch noch mal paar Jahre vorher waren wir tatsächlich sogar noch darunter.
Ähm jetzt ist es halt wieder ein bisschen höher geworden. Jetzt liegen wir bei so um die 9 %, aber das ist ja immer noch deutlich weniger, als es eben vor 20 Jahren war. Das heißt, selbst wenn wir nur die jüngere Zeit betrachten und je weiter wir zurückgehen, wird es eigentlich in der in der wesentlichen Tendenz nur schlechter, aber selbst wenn wir nur diesen kleinen Zeitabschnitt betrachten, dann sehen wir, okay, ja, es ist jetzt die letzte Zeit schlimmer geworden, aber das Niveau ist immer noch ein völlig anderes, als es das noch vor 20 Jahren war.
Und äh da würde ich sagen, hatte ich, auch wenn es nur so ein Gefühl ist, ich äh in meinem Kopf ist das ist das eigentlich auszuschließen. Ähm dass es wirklich so schlimm war es noch nie, dass das eine Aussage ist, die haltbar ist. Ähm die die die die Zahlen, wenn man sich die Fakten anguckt, dann stellt man fest, es ist nicht nur ein Gefühl von mir, sondern es ist einfach so.
Und was aber nicht so ist, offensichtlich nicht, ähm das ist die mediale Darstellung, weil wenn man jetzt so einen Alarmismus betreibt, ich meine, klar, als Hilfsorganisation muss man das schon machen, weil ähm man möchte Spenden generieren. Äh aber dann stellt man natürlich einen einen ähm Zuwachs als Katastrophe dar. Äh ich meine, Zuwachs ist auch absolut keine positive Entwicklung und es ist ja auch völlig legitim zu sagen, da wollen wir aber jetzt mal wieder ein bisschen gegensteuern.
Inwieweit das wirklich durch Hilfsorganisationen passieren kann, weiß ich nicht. Ich würde da eher andere Faktoren am am Drücker sehen, ähm aber egal. Die betrachten es halt als ihre Aufgabe und dass sie es dann ein bisschen dramatischer darstellen, als es ist, kann ich verstehen. Es hat nur mit der Realität jetzt nicht zwingend was zu tun. Und wenn man sich, ja, also empfehlen kann ich diese Statistik von der Aktion Deutschland Hilft. Ähm die sicherlich unverdächtig ist. Es ist eben eine Hilfsorganisation, die die profitieren davon in Anführungsstrichen, aber es ist deren Geschäftsmodell sozusagen, äh um Spenden zu bitten, um dem etwas entgegenzusetzen und mehr Katastrophe bedeutet letzten Endes äh mehr Bass, mehr Impact und auch mehr Spenden. Also werden die, ich will das gar nicht wertend irgendwie darstellen, also das ist halt, was die machen. Ähm und mit welchen Argumenten die helfen, ist mir persönlich dann auch ein bisschen egal. Das ist äh trotzdem dann etwas Positives. Nichtsdestotrotz ähm machen die ja, würden die ja ihren Job falsch machen, wenn sie nicht einen Zuwachs auch äh ein bisschen dramatischer darstellen würden, als er in absoluten Zahlen vielleicht ist. Vor allen Dingen, wenn man bedenkt, dass äh die Dramatik äh für den Einzelfall ja trotzdem dann die krassest mögliche ist. Also es ist völlig völlig legitim, das so zu machen. Ich will es gar nicht kritisieren. Es verzerrt aber ein bisschen den den Blick aufs Gesamte.
Also ja, es hat zugenommen, aber die Dramatik ist eine andere, als es vielleicht die mediale Wahrnehmung ist, die ich so im Detail gar nicht kenne, weil ich konsumiere diese Medien nicht, aber was ich so gespiegelt bekomme von meiner Umgebung, scheint es irgendwie gerade ein Thema zu sein und ja, äh also auch hier wieder muss man sagen, immer ein bisschen Augen auf und immer mal ein bisschen links und rechts googeln, ob das denn wirklich so ist und den Blick schärfen fürs Gesamte, dann kann man immer noch die aktuelle Entwicklung ähm für dramatisch halten und für schlimm halten und ich meine, hunderte Millionen Menschen, die hungern ist so oder so schlimm, das ist nicht, also nur weil es vor äh vor ein paar Jahren mal äh 200 Millionen mehr waren, ist es ja jetzt nicht so, dass das Problem gelöst sei.
Von daher ist es total legitim, das äh ganz fürchterlich zu finden, aber ähm so absolute Katastrophenaussagen, dass es ja noch nie so schlimm gewesen sei und und immer schlimmer werden würde, die sind halt nicht haltbar und die sollte man vielleicht dann auch in dieser Absolutheit nicht tun. Man kann sagen, es ist schlimmer geworden und das kann man auch ganz persönlich ähm ja, für schlimm für für für für ganz schlimm empfinden in der Weise, dass man sagt, ich möchte da was dagegen tun. Das ist immer legitim und auch immer gut gemeint und äh führt auch normalerweise dazu, dass man dann auch wirklich etwas tut, was auch im Effekt gut ist. Nur nur hat man es ja eigentlich nicht nötig, so eine Katastrophenszenarien so ähm so zu übernehmen, wenn die gar nicht der Realität entsprechen.
Und so ist es eben mit ganz vielen Dingen. Also Fakt ist, äh dass jetzt mal abgesehen vom Welthunger, Wohlstand in der Welt sich ausbreitet und ähm immer mehr Menschen es immer besser geht. Und das ist zwar irgendwie die gegenteilige Botschaft von dem, was ganz viele so so Weltuntergangs äh Sekten oder irgendwelche kommunistischen Parteien einem die ganze Zeit erzählen wollen. Ja, die stellen das gerne alles so dar, als würde alles immer schlimmer werden. Das Gegenteil ist aber der Fall. Also natürlich werden ähm wenn man genauer hinguckt, also je je kleiner man das Bild setzt, desto mehr sieht man, okay, da ist was schlimmer geworden, hier ist was schlimmer geworden. Natürlich gibt's das und das ist wenn man vom Individuum ausgeht, ähm gibt's ganz ganz viele fürchterliche Schicksale. Äh der Punkt ist nur, dass die in absoluten Zahlen eher weniger werden. Ähm dass das mal ein bisschen ansteigt wieder und ein bisschen sinkt. Ja, ja, geschenkt, aber in absoluten Zahlen, es es wird weniger, es gibt weniger Elend auf der Welt als vor 100 Jahren, als vor 300 Jahren, als vor 1000 Jahren.
Und das bei gleichzeitig drastisch mehr Menschen. Ähm auch auch da kann man vielleicht mal ähm ein bisschen bisschen Statistiken wälzen, weil auch das interessant ist, wie sich so die Weltbevölkerung eigentlich entwickelt hat, ja? Und wenn man sich klarmacht, dass erst um 1800 rum die äh Milliarden Schwelle überschritten worden ist und wir jetzt bei bei über 8 Milliarden sind, ähm und wir trotzdem solche Dinge heute viel besser im Griff haben als z.B. um 1800 rum, finde ich, relativiert das schon auch ein bisschen so dieses Gesamtbild und man könnte schon auf den Gedanken kommen, dass wir durch Fortschritt und Technik einiges an Problemen ganz gut in den Griff bekommen haben.
Das schlägt noch nicht weltweit überall durch, weil natürlich die Welt nicht sich synchron überall gleich entwickelt und es ja tatsächlich Gegenden gibt, wo die richtig Nachholbedarf haben, aber in der Tendenz über lange Sicht wird es stetig besser, während gleichzeitig es immer mehr Menschen gibt und das ist doch eigentlich ein riesen Erfolg, über den man sich auch mal freuen kann.
Also man muss nicht immer alles als Katastrophe hinstellen, nur weil es im Moment auf den allerersten Blick ein bisschen wie eine wirkt.